Prof. Dr. Daniel Dedeyan, Rektor und Professor der ZLS Zurich Law School und Counsel bei Walder Wyss, hielt am 15. März 2023 an der Universität St. Gallen im Rahmen der Vorlesung zum Bankenaufsichtsrecht von Prof. Dr. Nina Reiser ein Gastreferat zur Nachhaltigkeit aus bankenaufsichtsrechtlicher Sicht. Der Dozent möchte sich herzlich für die Einladung und die Gastfreundschaft bedanken. Er freute sich über die rege Mitwirkung des zahlreichen Publikums und die sich in die Pause hinein fortsetzenden angeregten Diskussionen.

Daniel Dedeyan zog eine Linie von historischen Klimaveränderungen, welche die Weltgeschichte mitbestimmten, zu aktuellen Umwelt-, Transitions-, Rechts- und Reputationsrisiken. Aufsichtsrechtlich werden diese als Treiber und Verstärker bestehender Kredit-, Markt-, Liquiditäts-, operationellen und anderer Risiken erfasst, die mit einer zunehmenden Fragilität der Finanzmärkte koinzidieren.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), welche die nachhaltige Entwicklung des Schweizer Finanzplatzes zum strategischen Ziel erhoben hat, setzt mit Offenlegungspflichten namentlich betreffend Klimarisiken an und kann auch Anforderungen an das Risikomanagement und das Kapital stellen. Sie agiert hierbei jedoch im Rahmen ihres gesetzlich definierten Aufsichtsmandats des Gläubiger-, Anleger- und Funktionsschutzes und fördert beispielsweise nicht aktiv nachhaltige Anlagen. Der Dozent wies zudem auf die unter anderem für von der FINMA beaufsichtige Institute seit 2022 geltende Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht gemäss Obligationenrecht hin, deren Verletzung einen Straftatbestand darstellt, sowie auf Entwicklungen in der EU.

Anschliessend ging der Dozent auf die verschiedenen Ansatzpunkte der Bankenaufsicht ein: etwa den weiten Begriff der Gewähr einwandfreier Geschäftsführung, Kapitalzuschläge zur Abdeckung bestimmter Risiken oder das aufsichtsrechtliche Instrument der «Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands», welches der FINMA weitgehende Eingriffsbefugnisse zur Beseitigung von Missständen einräumt.

Auch der Finanzmarkt hat reagiert, wie der Dozent weiter ausführte. Nachhaltige Anlagen boomen und machen bereits einen grossen Teil der weltweit angebotenen Produkte und verwalteten Vermögen aus. Zugleich können beispielsweise nur 1% aller Emittenten des Swiss Performance Index (SPI) überhaupt gemäss EU-Taxonomie als nachhaltig gelten, was bereits eine riesige Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit andeutet. Gegen Greenwashing bei Fonds machte die FINMA bereits Vorgaben zur Information, Organisation und Anlageberatung und fasste den Begriff bei dieser Gelegenheit weit: die Einhaltung allgemeiner Marktstandards als nachhaltig bezeichnen oder die Umsetzung und die Zielerreichung nicht genügend dokumentieren, gilt demnach als Greenwashing. Hinzu kommt die Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung und der Asset Management Association Switzerland, die allerdings von der FINMA nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.

Der Dozent bot sodann einen Ausblick auf kommende Regulierung. So hat der Bundesrat beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) die Ausarbeitung einer Regulierung gegen Greenwashing in Auftrag gegeben, welche etwa das Werben mit ESG-kompatiblen Produkten oder Dienstleistungen verbietet, wenn damit nur Umweltrisiken für die Anleger vermieden werden und keine Verträglichkeit oder Förderung von Zielen wie den 17 Sustainable Development Goals der UNO (SDGs) nachgewiesen ist. Der Dozent beleuchtete kritisch die Problematik weitgehender Verbote bei zugleich fehlenden Kriterien zur Beurteilung der Nachhaltigkeit.

Daniel Dedeyan besprach sodann heikle Fragen und Fälle aus der Beratungspraxis. Ausführungen zur Rechtsmethode angesichts der immer komplexeren, im Fluss befindlichen, interagierenden, überlappenden und zugleich lückenhaften Regulierung rundeten das Referat ab.

Angesichts des Referats wurde klar: Die zunehmende Rolle des Rechts bei der Nachhaltigkeit wird uns noch weiter beschäftigen.

ZLS Zurich Law School

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